Lautern-Boss Stefan Kuntz: "Wir können mindestens Dritter werden"


Die letzten drei Spiele vor der Winterpause möchten die Verantwortlichen des 1. FC Kaiserslautern am liebsten ganz schnell aus dem Gedächtnis streichen, denn gegen St. Pauli, Union Berlin und zuletzt im Heimspiel gegen Aalen gab es drei Niederlagen am Stück, die die Aufstiegskonkurrenz aus dem Mittelfeld hat größer werden lassen. Zugleich sind die Konkurrenten aus Braunschweig und Berlin schon mächtig enteilt. Derzeit belegt das Team vom Vorstandsvorsitzenden Stefan Kuntz den Relegationsplatz drei und hat einen Vorsprung von drei Zählern vor dem Tabellenvierten aus Cottbus.

Im Gespräch mit der „Rheinpfalz-Zeitung“ könnte es möglicherweise am Ende der Saison zu einem Aufeinandertreffen in der Relegation mit dem Drittletzten der Bundesliga, der TSG 1899 Hoffenheim kommen, wo seit kurzem Marco Kurz als Trainer tätig ist. Zu diesem möglichen Duell meint Stefan Kuntz: "Das ist für mich zum jetzigen Zeitpunkt viel zu weit weg. Außerdem habe ich im Fußball schon so viel erlebt, wenn man drei Spiele in Folge gewinnt oder verliert … Man kann schnell neun Punkte gutmachen. Von daher machen wir uns erst darüber Gedanken, wenn es so weit ist."

Wie schon eingangs erwähnt, hat die zuletzt miserable Punkteausbeute dafür gesorgt, dass der Abstand auf die unmittelbare Aufstiegskonkurrenz größer geworden ist. So liegt der Abstand auf Tabellenführer Braunschweig bei stattlichen zwölf Punkten, während Hertha BSC bereits mit zehn Zählern Vorsprung enteilt ist. Über diese Tatsache weiß der ehemalige Nationalspieler folgendes zu berichten: "Wenn die Niederlagen über die 19 Spiele verteilt gewesen wären, wäre es nicht so schlimm wie jetzt mit drei Niederlagen in Folge. Bei so vielen erfahrenen Kräften in der Mannschaft habe ich nicht damit gerechnet, dass wir drei Spiele hintereinander verlieren könnten. Ich hatte – auch nach den Erfahrungen, die einige unserer Spieler in der letzten Saison gemacht haben – die Erwartung, dass Teamgeist, Laufbereitschaft, unbedingter Drang, schnell wieder in der Bundesliga spielen zu wollen, der Wille über den inneren Schweinhund zu gehen, stärker wären. Jeder hat erzählt, dass er aufsteigen will. Es wurde zu viel geredet, und die Leistung auf dem Platz hat nicht immer gestimmt. Zwischen Reden und Handeln war eine zu große Diskrepanz. Aber um dieses Ziel zu erreichen, muss jeder in jedem Spiel versuchen, seine Leistung zu 100 Prozent abzurufen."

Auch die Zuschauerentwicklung hat sich deutlich verschlechtert, denn selten kommen noch 30.000 Zuschauer auf dem einst so gefürchteten Betzenberg über den Dächern von Kaiserslautern. Auch die Fans fordert Kuntz auf, noch zahlreicher ins Stadion zu kommen, um eine ähnliche Euphorie entfachen zu können, wie in der Aufstiegssaison 2009/10. In der Pflicht sieht er jedoch auch die Mannschaft, die mit den nötigen Ergebnissen die Grundlage dafür schaffen muss: "Wir haben zwar durch Franco Foda und die guten Ergebnisse, auch durch die Art und Weise, wie die Mannschaft und einige unserer Neuen zunächst gespielt haben, relativ schnell einen Stimmungsumschwung erzielt. Die Stimmung ist allerdings längst noch nicht so euphorisch wie in unserer Aufstiegssaison 2009/10, als wir 36.000 Zuschauer im Schnitt hatten. Wir versuchen natürlich weiter – auch wegen der Fernsehgelder – oben dabei zu bleiben und mit Leistung die Zuschauer zu begeistern."

Der FCK ist zweifellos ein leidenschaftlicher Verein. Deswegen ist es auch erstaunlich, dass seit den Fanprotesten Anfang Dezember die Erfolgslosigkeit des Pfälzer Traditionsverein begonnen hat. Über die merkwürdig stille Atmosphäre auf dem Betzenberg meint der Lauterer Vorstandsboss: "Bezüglich der Wirkung teile ich Ihre Meinung. Grundsätzlich setze ich auf individuelle Lösungen. Mich interessieren in diesem Zusammenhang andere Vereine nicht, es geht mir nur darum, dass wir beim FCK nur mit Betzenberg-Stimmung und Zusammenhalt zwischen Zuschauern und Mannschaft überhaupt eine Chance haben, unser gemeinsames Ziel zu erreichen. Wir haben einen regen Austausch mit unseren Fans und wir versuchen, Anfang Januar eine Fan-Veranstaltung zu organisieren, um alle Fragen mit unseren Fans noch einmal zu diskutieren. Wir sind meiner Meinung nach vorbildlich, was den Austausch mit den Fans angeht. Man muss anhand der letzten Entwicklungen festhalten: Wenn es so weitergehen würde, verliert nur einer: Das ist der 1. FC Kaiserslautern."

Bekanntlich sind Hertha und auch Braunschweig derzeit enteilt. Sie scheinen mehr Konstanz zu haben. Auch dies sieht ein meinungsfreudiger Kuntz ähnlich zu sehen, wenn er berichtet: "Hertha BSC ist von der Qualität des Kaders deutlich besser besetzt als wir und in wesentlichen Teilen schon länger in dieser Besetzung zusammen. Wenn man das vergleicht, dann ist bei uns die Achse mit Sippel, Torrejón, Baumjohann und Idrissou eben noch neu zusammengesetzt. Das merkt man. Braunschweig lebt noch mehr von der mannschaftlichen Geschlossenheit. Wir versuchen jetzt auf alle Fälle, noch einmal anzugreifen. Das Wichtigste ist, dass es Franco Foda gelingt, die entscheidenden Leute wieder so weit hinzubekommen, dass sie 100 Prozent abrufen."

Während es beim Mitabsteiger Hertha aufgrund der hohen, individuellen Qualität keine Überraschung darstellt, hat sich Eintracht Braunschweig zu einer echten Überraschungsmannschaft dargestellt. Der Traditionsverein aus Niedersachsen scheint auf direktem Weg nach rund 30 Jahren Abstinenz in die Bundesliga zu stürmen. Für Kuntz stellt di
es keine Überraschung dar: "Ich habe schon erwartet, dass Braunschweig eine gute Rolle unter den Top Fünf spielt. Überraschend ist, wie konstant sie sind. Braunschweig ist jetzt klar der Aufstiegsfavorit. Jetzt sind sie in einer Situation, wo sie auch was verlieren können. Jetzt wird entscheidend, wie sie mit diesem Druck umgehen können. Das ist allerdings eine Ausgangssituation, die ich gerne mit ihnen tauschen würde."

In einigen Teilen der Medien ist auch die Arbeit von Lauterns Cheftrainer Franco Foda ein wenig kritisiert worden, da bei schwankenden Leistungen bekanntlich der Trainer häufig im Fokus der Kritik steht. Vertrauen und Zufriedenheit demonstriert Kuntz jedoch, wenn er sich zur Arbeit seines Cheftrainers äußert: "Sehr zufrieden! Wichtig war, dass er die Spieler, die mit Negativerfahrungen aus der letzten Saison dageblieben sind, auf einen positiven Weg brachte, und die Neuen integrierte. Das ist ihm durch seine Ausstrahlung und durch sein selbstbewusstes Auftreten gelungen. Er arbeitet ja auch gerne mit schwierigen Typen zusammen – da gilt es jetzt, durch klare Ansagen und Grenzen Grundlagen zu finden, damit auch die ihre Leistung wieder komplett abrufen und der Teamgeist stimmt."

Ein Problem der Hinrunde ist sicherlich gewesen, dass die Defensivspieler nicht genug Torgefahr entwickeln konnten. Dennoch ist Lauterns Chefeinkäufer besonders mit den gezeigten Leistungen seines spanischen Neuzugang Marc Torrejon überaus zufrieden, wie er der „Rheinpfalz Zeitung“ mitteilt: "Mit Marcs Leistungen sind wir sehr zufrieden, vor allem, wenn man bedenkt, dass er, wie Alex Baumjohann auch, sehr spät zu uns gestoßen ist. Letztes Jahr wären wir mit zwei Knipsern wie jetzt sehr froh gewesen, jetzt wollen wir die Torgefahr aus allen Bereichen, was nie ganz klappt. Es bleibt festzuhalten, dass die offensiven Mittelfeldspieler, mit Ausnahme von Hendrick Zuck, nicht genug nachrücken, um im gefährlichen Bereich zu Chancen zu kommen. Auch die Torgefahr nach Standards ist nicht optimal."

In dieser Spielzeit wird beim Traditionsverein aus der Pfalz auch vermehrt auf Eigengewächse gesetzt, um auch die Identifikation merklich zu erhöhen. Deshalb ist es auch absolut verständlich, dass sich Kuntz auf der Jahreshauptversammlung dazu geäußert hat, dass die Leistungen des jungen Dominique Heintz "sensationell" gewesen sind. Dennoch bestätigt auch er die Gefahr, dass bei einem Nichtaufstieg dieser Spieler den Verein verlassen könnte: "Die Gefahr ist natürlich groß. Ich sehe das aber auch mit einem lachenden Auge; denn das Gute ist, dass Dominique einen Vertrag bis 2015 beim FCK hat. Was mich aber am meisten freut, unabhängig davon, dass er schon über zehn Jahre im Verein ist: Er hat das Herz am richtigen Fleck. Er hat einen unglaublichen Willen. Den beweist er im Training und im Spiel. Auch sein Vater und sein Berater sind immer ruhig geblieben und sind – wie er selbst – total auf den Fußball, den Dominique spielt, und auf seine Entwicklung konzentriert. Ich habe jetzt schon so viele Jungs erlebt, da war das anders, da kamen die Eltern schnell mit Forderungen, die Berater mit irgendwelchen Plänen. Jetzt rufen diese Jungs an, weil sie stagnieren und mancher gerne zurück möchte."

Über mögliche Verstärkungen in der Winterpause kann er folgendes erzählen: "Wir überprüfen und hinterfragen alles. Wir haben auch mit einigen unserer Spieler und ihren Beratern über ihre Perspektiven gesprochen, auch dass sie weniger Einsatzzeiten bekommen dürften und die Frage gestellt, ob es nicht besser wäre, den Verein in der Winterpause zu wechseln. Auch davon wird abhängen, wie viel Spielraum wir im Etat haben. Ich glaube, dass es da erst in ein, zwei Wochen spruchreife Entscheidungen geben wird."

Einige Spieler sind wegen Verletzungen noch nicht völlig fit und benötigen die Wintervorbereitung, um körperlich voll belastbar zu sein. Über die Bedeutung der am 2. Januar startenden Vorbereitung kann Kurz folgendes berichten: "Die Zeit ist extrem wichtig, auch um den Teamgeist wieder zu entwickeln, um auch mit dem Druck klarzukommen. Aber es kann passieren, dass im ersten Spiel nach der Pause, montags bei 1860 München, Borysiuk und Fortounis fehlen, die von ihren Verbänden angefordert wurden. Die haben mittwochs Test-Länderspiele. Wir bezahlen die Spieler, haben wichtige Spiele, sind in Kontakt mit beiden Verbänden, wo aber wenig Verständnis für unsere Wünsche nach einem Verzicht besteht."

Einige in Kaiserslautern befürchten, dass es in dieser Spielzeit mit dem erhofften Aufstieg nichts wird. Stefan Kuntz ist keiner davon, wie er eindrucksvoll in seinen Worten demonstrieren kann: "Der ein oder andere sagt ja, mein zweiter Vorname sei Optimismus … Deshalb: Durch die Qualität des Kaders und die Qualität unserer Fans sind wir in der Lage, mindestens Dritter zu werden. Die Relegation ist natürlich auch ein Glücksspiel."


Informationen
Quelle: rheinpfalz.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: 1. FC Kaiserslautern; Kuntz; Foda; Torrejón; Sippel; Baumjohann; Idrissou; Zuck; Heintz
Datum: 30.12.2012 15:48 Uhr
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Kommentar von Wilfried/ Frankfurt (30.12.2012 21:01 Uhr)
Der 1.FC K' ltn. wird den Relegationsplatz behaupten, da die Verfolger zu unbestaendig sind. Sollte der 1.FC Koeln in der Winterpause noch einen Topstuermer finden, koennte es zu einer spannenden Aufholjagd kommen!


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